Kann ein ETF ewig steigen?

Ein weltweit streuendes Aktien-Portfolio hat bisher immer wieder neue Höchststände erreicht.

Das Wichtigste in Kürze

Was bedeutet „Kann ein ETF ewig steigen“?

Wenn ich in diesem Artikel schreibe, dass ETFs langfristig steigen, meine ich damit ausschließlich breit streuende ETFs – also solche, die den gesamten Weltaktienmarkt abbilden, etwa auf den FTSE All-World oder den MSCI ACWI IMI.

ETFs, die nur Aktien aus wenigen Ländern oder bestimmten Branchen enthalten, können dagegen auch über viele Jahrzehnte keine Gewinne erzielen.

So hätte es bei österreichischen Aktien im ungünstigsten Fall ganze 98 Jahre gedauert, bis Anleger inflationsbereinigt wieder in der Gewinnzone gelandet wären. Bei belgischen Aktien wären es 76 Jahre gewesen, bei deutschen 55 Jahre (siehe Tabelle).

Es gibt konzentrierte ETFs, die sich seit ihrer Auflage nicht von Verlusten erholt haben. Ein Beispiel ist der iShares Global Clean Energy ETF, der – Stand Juni 2025 – rund 55 Prozent unter seinem Ausgabepreis von 2007 notiert.

Längste Nullrenditeperioden nach Aktienmarkt zwischen 1900 und 2023*
Land
Maximale Zahl der Jahre
Österreich
98
Belgien
76
Italien
73
Frankreich
66
Spanien
57
Deutschland
55

Quelle: Global Investment Returns Yearbook 2024

*Die Berechnungen basieren auf der Rendite nach Abzug der Inflation. 

Wie hat sich der Weltaktienmarkt seit 1900 entwickelt?

Historisch hat sich der Weltaktienmarkt auch von schweren Krisen und Weltkriegen erholt. Das zeigt das Global Investment Returns Yearbook 2024 – eine Studie von Forschern der London Business School, die im Auftrag der Schweizer Großbank UBS alljährlich erstellt wird.

Die Finanzökonomen untersuchen die Entwicklung von 90 nationalen Aktienmärkten weltweit, wobei für 23 Länder Daten seit dem Jahr 1900 vorliegen, darunter auch Deutschland.

Demnach erzielte ein globales Aktienportfolio von 1900 bis 2023 eine jährliche Rendite von 5,1 Prozent nach Abzug der Inflation. Das bedeutet, dass sich das eingesetzte Geld nach knapp 15 Jahren verdoppelt hätte.

In den schlimmsten Fällen brachen die Aktienmärkte um circa 60 Prozent ein, erholten sich aber stets wieder. Im ungünstigsten Zeitraum musste man 22 Jahre warten, bis Verluste aus einem Crash inflationsbereinigt ausgeglichen waren und das Portfolio einen neuen Höchststand erreichte.

Das Risiko von Aktien ist also beträchtlich, und es kann lange Phasen geben, in denen du keine Zugewinne erzielst. Je länger du aber investiert bleibst, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass du Gewinne erzielst. 

Rendite und Risiko globaler Aktien von 1900 bis 2023*
Weltportfolio
Jährliche Rendite
5,1%
Bestes Jahr
+68% (1933)
Längste Nullrenditeperiode
22 Jahre
Schlimmstes Jahr
-43% (2008)
Schlimmste zwei Jahre
-47% (1973-74)
Schlimmste fünf Jahre
-58% (1916-20)
Große Depression
-54% (1929-31)

Quelle: Global Investment Returns Yearbook 2024

*Alle Angaben basieren auf der Rendite nach Abzug der Inflation. 

Entwicklung in den Niederlanden (seit 1602) und USA (seit 1793)

Es gibt Forschung, die noch weiter zurückgeht und ebenfalls zeigt, dass Aktien langfristig an Wert gewinnen.

Der US-Finanzökonom Edward F. McQuarrie hat Daten für die USA ab dem Jahr 1793 untersucht. Seine Analyse der vergangenen 230 Jahre zeigt, dass US-Aktien nach Abzug der Inflation langfristig gestiegen sind.

Entwicklung von US-Aktien (blau) und -Anleihen (orange), 1793–2019 (mit Inflation und Dividenden)

Der niederländische Finanzdienstleister FINAE hat die Entwicklung niederländischer Aktien seit dem Jahr 1602 untersucht. Demnach lag die nominale Rendite von 1602 bis 1794 bei 4,5 Prozent pro Jahr. 

Es ist jedoch zu beachten, dass diese Rendite nur auf zwei Aktien basiert, nämlich die der Dutch East India Company und der Dutch West India Company.

Dennoch ist auch hier der langfristig steigende Trend erkennbar. Zwischen 1816 und 2022 ist der niederländische Aktienmarkt ebenfalls deutlich gewachsen – mit einem starken Einbruch in den 1930er-Jahren und einer anschließenden Erholung.

Entwicklung niederländischer Aktien 1816–2022 (ohne Inflation und Dividenden)

Die ökonomische Theorie der Zeitpräferenz

Neben den historischen Belegen gibt es auch einen theoretischen Grund, warum die Aktienmärkte langfristig steigen müssen: die Zeitpräferenz. Dieses ökonomische Konzept spielt vor allem in der Österreichischen Schule eine wichtige Rolle. Es besagt, dass Menschen Güter, die sofort verfügbar sind, gegenüber denselben Gütern in der Zukunft stets vorziehen.

Wenn du zum Beispiel die Wahl hast, heute 100 Euro zu bekommen oder erst in einem Jahr, wirst du – unter sonst gleichen Bedingungen – immer das Geld heute bevorzugen. Du kannst es nämlich sofort ausgeben.

Du wirst das Geld nur verleihen, wenn du dafür eine Entschädigung bekommst – also einen Zins. Aus Sicht der Österreichischen Schule sind Zinsen daher eine Entschädigung fürs Warten bzw. für den Konsumverzicht.

Bei Aktien ist das im Grunde gleich. Wer eine Aktie kauft, verzichtet auf heutigen Konsum und erwirbt stattdessen ein Anrecht auf einen Teil der zukünftigen Gewinne eines Unternehmens. Diese fließen jedoch erst mit der Zeit – der Anleger muss also warten. Daher wird die Aktie beim Kauf mit einem Preisabschlag gehandelt, der für das Warten entschädigt.

Rendite als Ausgleich für Inflation und Risiko

Zusätzlich zum Konsumverzicht gibt es aus Sicht der Österreichischen Schule zwei weitere Renditequellen: das Risiko und die erwartete Inflation.

Anleger investieren nur in Aktien, wenn sie für das übernommene Risiko mit einer Zusatzrendite entschädigt werden. Sie kaufen also nur, wenn der Preis einen Risikoabschlag enthält – also einen niedrigeren Einstiegskurs, der das Risiko angemessen widerspiegelt.

Ähnlich ist es bei der Inflation: Wer mit steigenden Preisen rechnet, verlangt ebenfalls einen Preisnachlass, der den Kauf attraktiv macht.

Natürlich können Risiko und Inflation auch falsch eingeschätzt werden, was zu Verlusten führen würde. Doch auf freien Märkten agieren viele kluge und erfahrene Investoren, die darin geübt sind, Risiken und Wahrscheinlichkeiten realistisch einzuschätzen.

Auf dem Kapitalmarkt wirst du also tendenziell für die Risiken, die du trägst, und für deine Bereitschaft zum Konsumverzicht entschädigt. Deshalb ist es nicht zwingend notwendig, dass die Weltwirtschaft dauerhaft wächst – selbst ohne Wachstum kannst du mit Aktien langfristig eine positive Rendite erwarten.

Was ist bei einer globalen Megakatastrophe?

Die einzige Situation, in der langfristig keine positive Aktienrendite zu erwarten ist, wäre eine globale Megakatastrophe. Dazu zählen etwa ein weltweiter Atomkrieg, ein gefährliches Virus wie Ebola oder ein Asteroideneinschlag. Hier würde vermutlich ein Großteil der Menschheit sterben und die globale Infrastruktur zerstört werden.

In einem solchen Fall würde die Menschheit wahrscheinlich auf das wirtschaftliche Niveau Europas vor 1800 zurückfallen. Damals lebten etwa 90 Prozent der Menschen in extremer Armut und arbeiteten in der Landwirtschaft.

Dann ginge es nur noch ums Überleben. Vermögensaufbau und Altersvorsorge wären bedeutungslos. Wer mit einem solchen Szenario rechnet, sollte eher Konserven einlagern und praktische Fähigkeiten wie Ackerbau erlernen.

Fazit: Kann ein ETF ewig steigen?

Solange die Weltwirtschaft nicht zusammenbricht, ist langfristig mit steigenden Kursen bei Welt-ETFs zu rechnen.

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Über den Autor

Elias Huber ist Honorar-Finanzanlagenberater (§ 34h GewO). Er unterstützt Anleger im Raum Offenburg (Ortenaukreis), Karlsruhe, Freiburg sowie deutschlandweit per Videokonferenz – mit unabhängiger Finanzberatung rund um Geldanlage, Altersvorsorge und Depotanalyse.

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Elias Huber ist Honorar-Finanzanlagenberater (§ 34h GewO). Er unterstützt Anleger im Raum Offenburg (Ortenaukreis), Karlsruhe, Freiburg sowie deutschlandweit per Videokonferenz – mit unabhängiger Finanzberatung rund um Geldanlage und den Vermögensaufbau mit ETFs.

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Elias Huber

Honorar-Finanzanlagenberater

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